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Sporthalle mit Doppelfachwerken Stuttgart-Degerloch

Sporthalle mit Doppelfachwerken

Schlagworte

Holzbau-Referenz
HIP - Bauvorhaben
MLR
EFRE Holz Innovativ Programm
Halle
2020

Projektdetails

ProjektartBauvorhaben - HIP
GebäudetypHalle
Ort70597 Stuttgart-Degerloch
Fertigstellung2020
FördernehmerLandeshauptstadt Stuttgart, Amt für Sport und Bewegung, vertreten durch das Hochbauamt Stuttgart
Bildermüllerblaustein HolzBauWerke GmbH, Glück+Partner GmbH, Achim Birnbaum Architektur Fotografie

Details zum Projekt

Die im Herbst 2020 fertiggestellte Dreifach-Sporthalle liegt im Zentrum des Sport- und Erholungsgebiets Waldau, des zweitgrößten Sportareals in Stuttgart. Der kompakte Baukörper mit 58 m Länge, 50 m Breite und 10,50 m Höhe ist so in die nach Norden ansteigende Topographie integriert, dass nur ein Teil des Gebäudevolumens in Erscheinung tritt. Die Form des Neubaus entwickelten die Architekten aus den unterzubringenden Funktionen, den sich daraus ergebenden statischen Anforderungen sowie aus dem Wunsch nach einer natürlichen Belichtung. Herausgekommen ist ein Holzbau der besonderen Art. Nicht nur wartet die Sporthalle im Innern mit einem ebenso ästhetischen wie weitgespannten Dachtragwerk in bester Ingenieurholzbaumanier auf, sondern ihr kammartig geformtes Dach ermöglicht auch eine maximal mit Tageslicht ausgeleuchtete Halle. Seine Konstruktion basiert auf zehn Fachwerkbindern aus hochtragfähigem Buchenfurnierschichtholz, auch BauBuche genannt. Sie wurden paarweise über oberseitig und seitlich aufgebrachte Brettsperrholz-Platten zu fünf kastenähnlichen Raumtragwerken verbunden und bilden – auf Abstand verlegt – die eindrucksvolle Dachkonstruktion aus. Die "Kastenträger" erhielten eine seitliche Bekleidung aus transluzenten Polycarbonatstegplatten. Diese sorgen für die blendfreie Belichtung in der Halle, die durch tageslichtabhängige und präsenzmeldergesteuerte LED-Leuchten ergänzt wird. Der Bau wurde mit 200. 000 Euro gefördert und soll als Prototyp des Sportstättenbaus „im Ländle“ Schule machen.

 

Architektur, Entwurfsplanung: Glück + Partner GmbH, Stuttgart 
Projektsteuerung, Projektplanung: Landeshauptstadt Stuttgart, Hochbauamt
Holzbau Vorfertigung, Montage: müllerblaustein HolzBauWerke GmbH, Blaustein 
Tragwerksplanung: merz kley partner GmbH, Dornbirn (Österreich)
Bauphysik: Gutbrod Bau Physik Ingenieurbüro GmbH, Markgröningen 
Landschaftsplanung: Glück Landschaftsarchitektur GmbH, D-70176 Stuttgart
HLS: S Plus Ingenieur GmbH, Kirchheim unter Teck 

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Zentral organisiert

Trotz Abmessungen von 58 m Länge, 50 m Breite und 10,50 m Höhe ist es den Architekten gelungen, das Hallenbauwerk der neuen Dreifach-Sporthalle Waldau im Stadtteil Stuttgart-Degerloch so geschickt in die Umgebung zu integrieren, dass sich sein Volumen beinahe unauffällig in die Landschaft einfügt. Das Tragwerk des Neubaus ist als Mischkonstruktion konzipiert, wobei aus Gründen der Nachhaltigkeit vor allem Holz verwendet wurde. Lediglich die erdberührten Bauteile sind aus Stahlbeton.
Die Halle selbst ist übersichtlich und klar strukturiert, sämtliche Funktionen sind auf einer Ebene angeordnet. Das Zentrum bildet der Hallentrakt samt Zuschauertribünen. Umsäumt wird er von verschiedenen Funktionsräumen. Im Süden befindet sich der verglaste Eingangsbereich, eine Pfosten-Riegel-Fassade aus Holz und Aluminium mit Dreifachverglasung, an den sich ein großzügiges Foyer anschließt. Hier kommen zudem ein Multifunktionsraum neben einer Indoor-Bewegungslandschaft sowie weitere Nebenräume unter. Im nördlichen Hangbereich befinden sich die Geräteräume, ein Kraftraum und die Umkleidekabinen. Unmittelbar daneben liegt die Tiefgarage mit direktem Hallenzugang.

Sheddach-Fachwerkträger aus Buchenfurnierschichtholz

Für das Dachtragwerk der Sporthalle haben die Planer vor allem Buchenfurnierschichtholz (BauBuche) gewählt – mit dem Ziel, möglichst schlanke Querschnitte und geringe statische Höhen zu erhalten. Dabei funktioniert die kammartig geformte Konstruktion wie ein Sheddach. Gebildet wird es aus zehn Fachwerkträgern aus BauBuche der Festigkeitsklasse GL75, die paarweise zu rund 3,40 m breiten kastenähnlichen Raumtragwerken verbunden wurden. Die Fachwerkträger, deren 28 cm breiten und 32 cm hohen Ober- und Untergurte mit einer parabelförmigen Überhöhung von 9 cm gefertigt wurden, überbrücken bei einer Trägerhöhe von 2,80 m eine Spannweite von 30,25 m. Shedsparren, ebenfalls aus BauBuche, verbinden die Fachwerke an den Stirnseiten jeweils an den Ober- und Untergurten über Vollgewindeschrauben biegesteif miteinander. 

Modell

Eingeschlitzte Bleche und Stabdübel stellen die zug- und druckfesten Verbindungen der Fachwerkknoten her. Zusätzlich erhielten die jeweils 21 Tonnen schweren Sheddach-Doppelfachwerke an den Seiten bis zu einer Höhe von 80 cm und obenauf über die gesamte Länge eine 10 cm dicke, weiß lasierte aufgeschraubte Brettsperrholz-Platte. Dabei fungiert die Dachplatte als aussteifende Scheibe. Sie nimmt die in den Fachwerkträgern wirkenden Biege- und Normalkräfte auf und sichert die Querschnitte gegen Verdrehen und Verschieben. 

Setzgerät professionalisiert Montage

Die Montage der gekoppelten Doppel-Fachwerke erfolgte in den Fertigungshallen der müllerblaustein HolzBauWerke. Für das punktgenaue Einbringen der Verbindungsmittel in die Fachwerkträger-Knoten setzten die Zimmerer speziell entwickelte, pneumatisch gesteuerte Setzgeräte ein. Damit ließen sich die Schlitzbleche und selbstbohrenden Stabdübel millimetergenau platzieren und einbauen. Die Schlitzbleche verfügten nicht, wie sonst üblich, über vorgebohrte Löcher. Dank der Setzgeräte ließen sie sich präzise und für den Anwender kräfteschonend montieren.

Um die Sheddach-Doppelfachwerke vor Feuchtigkeit und Bewitterung zu schützen wurden deren Stäbe und Gurte nach dem Abbund mehrfach beschichtet und am Ende die vormontierten Raumtragwerke für Transport und Montage noch zusätzlich in Folie gepackt. So konnten sie stückweise per Lkw zur Baustelle gebracht, per Kran eingehoben und mit lichtem Abstand zueinander von jeweils rund 4,30 m montiert werden.

Aussteifung des Holztragwerkes ohne Stahldiagonalen

Die Sporthalle ist im Bereich des Hallenbaukörpers als Holzskelettbau aus aus BauBuche-Stützen sowie Brettschichtholz-Stützen und -Trägern der Festigkeitsklasse GL24h konzipiert. Die Außenwände und Wände der Anbauten an die Sporthalle mit Büros, Umkleiden für die Außensportplätze, Multifunktionsraum und Bewegungslandschaft wurden in Holzrahmenbauweise ausgeführt. Das Dachtragwerk der Halle rund um die Sheddach-Konstruktionen und der Anbauten besteht aus einer Balkenlage aus Konstruktionsvollholz (KVH) bzw. Brettschichtholz mit einer Beplankung aus 30 mm dicken OSB-Platten; Letztere sind an den Stößen über Deckleisten zu statisch wirksamen Scheiben verbunden. Im Bereich der Anbauten bleibt die Balkenlage sichtbar. Die Aussteifung des Holztragwerks gegen horizontale Lasten aus Schiefstellung und Wind wird durch sowohl über die Dachscheibe als auch über die Holzwandscheiben ohne Einsatz von Stahldiagonalen gewährleistet.
Die Dachelemente der nördlichen und südlichen Anbauzonen lagern auf den Brettschichtholz-Stützen und -Trägern der Skelettkonstruktion sowie auf den Holzrahmenbau-Außenwänden, während die Dachkonstruktion der Sporthalle auf den Außenwänden und den BauBuche-Fachwerkträgern ruht. Sämtliche Dach- und Deckenelemente erhielten bei der Vorfertigung werkseitig eine bituminöse Dampfsperre als Feuchte- und Witterungsschutz.

Fassade aus unbehandeltem, kammergetrocknetem Lärchenholz

Die Gebäudehülle setzt sich aus unterschiedlichen Baustoffen zusammen. Die Außenwände der erdberührenden Hanglagen bestehen aus 25 cm dickem Ortbeton mit raumseitiger Sichtqualität. Die freistehenden Zonen der tragenden Außenwände hingegen hat man in Holzrahmenbauweise errichtet. Sie basiert auf einem 24 cm tiefen Ständerwerk aus Konstruktionsvollholz (KVH), das mit Mineralwolle in gleicher Stärke gedämmt und innenseitig mit einer Dampfbremsbahn bespannt wurde. Darauf folgen 18 mm dicke OSB-Platten, die die Konstruktion aussteifen und, da an den Stößen miteinander verbunden, die luftdichte Ebene bilden und zugleich als statisch wirksame Wandscheibe fungieren. Den Raumabschluss bilden je nach Funktion unterschiedliche, holzbasierte Innenraumbekleidungen oder ballwurfsichere Prallwände in der Sporthalle. Außenseitig brachten die Zimmerer auf den KVH-Rahmen 16 mm dicke diffusionsoffene, winddichte und mittragende Holzfaserplatten als Unterdeckebene für die offene Fassadenschalung auf. Diese besteht aus vertikal angeordneten Leisten aus unbehandeltem, kammergetrocknetem Lärchenholz, die auf eine Konter- und Traglattung als Hinterlüftungsebene geschraubt wurden.

Innen und außen rundum in Holz

Die raumprägenden Fachwerkträger aus BauBuche stehen ebenso stellvertretend für die vielschichtigen Qualitäten des modernen Ingenieurholzbaus, wie die großflächigen Innen- und Außenbekleidungen mit unterschiedlichen Holzarten, einschließlich der Holzdecken in der Sporthalle und den Nebengebäuden. Die Realisierung mit Hilfe einer durchgängigen 3D-Planung, einem weitreichendem Vorfertigungsgrad sowie just-in-time aufeinander getaktete Transport- und Montageprozesse ermöglichte zudem eine vergleichsweise kurze Bauzeit. Für die Sporthalle Waldau wurde eine Holzmenge von rund 750 m³ verbaut. Das entspricht einer CO₂-Speicherung von über 687 Tonnen. Unterm Strich ist der Neubau ein klimaneutrales Gebäude.

 

Projektbeschreibung: Susanne Jacob-Freitag, Marc Wilhelm Lennartz

Links

Mehr Informationen bei Glück & Partner
Mehr Informationen bei müllerblaustein
Mehr Informationen bei www.mkp-ing.com

 

Dieses Projekt wird kofinanziert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).