Zurück

Holz-Hybrid-Schulbau mit Modellcharakter Ludwigsburg

Holz-Hybrid-Schulbau mit Modellcharakter

Schlagworte

Holzbau-Referenz
HIP - Bauvorhaben
MLR
Schulgebäude
EFRE Holz Innovativ Programm
2023

Projektdetails

ProjektartBauvorhaben – HIP
GebäudetypSchule
Ort71638 Ludwigsburg
Fertigstellung2023
FördernehmerStadt Ludwigsburg, Ludwigsburg
BilderZooey Braun, Stuttgart; VON M

Details zum Projekt

Die 2023 fertiggestellte 5,5-zügige Fuchshofschule ist das erste Bauvorhaben eines verkehrsberuhigten Quartiers, das in den nächsten Jahren auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei in Ludwigsburg entstehen wird. Mit 8.820 m2 Bruttogeschossfläche (BGF) und 5.880 m2 Nettoraumfläche (NRF) bietet das dreigeschossige Gebäude Platz für rund 600 Schülerinnen und Schüler. Dazu wurde die Clusterschule als langgestreckter Riegel mit einem großen Erschließungs- und Aufenthaltsbereich in der Mitte konzipiert. Zwei Lichthöfe zu beiden Seiten der Treppenhalle versorgen die Flur- und Gemeinschaftsbereiche der Cluster mit Tageslicht. Konstruktiv kombiniert der Holzskelettbau einen Erschließungskern und ein Untergeschoss in Betonbauweise mit Stützen und Trägern aus Brettschichtholz sowie Deckenplatten aus Brettsperrholz. Die Längsträger kragen aus und bilden einen umlaufenden Fluchtbalkon mit vorgehängtem Stahlnetz als Absturzsicherung. Der Neubau entspricht den Kriterien des Landesförderprogramms für kommunale Bauten NBBW (Nachhaltiges Bauen Baden-Württemberg) und wurde im Rahmen des Holzbau Innovativ Programms – EFRE gefördert. Zudem wurde die mit aufgeständerten Photovoltaikanlagen auf dem begrünten Flachdach ausgestattete Schule im KfW-55-Standard errichtet. Durch eine Außenhülle im Passivhausstandard wurden die Anforderungswerte des Standards sogar noch unterschritten.

 

Architektur: VON M, Stuttgart
Tragwerksplanung: Werner Sobek Stuttgart AG, Stuttgart
Weitere Planungsleistungen: Bauphysik 5, Backnang (Bauphysik), Bergmann Geotechnik, Brackenheim (Baugrund), IWP Ingenieurleistungen, Stuttgart (TGA Heizung/Lüftung + Sanitär), IGW Ingenieure, Herrenberg (Elektroplanung)
Ausführung (Holzbau): muellerblaustein Holzbau GmbH, Blaustein (Holzbauarbeiten), Walter Lang Gmbh & co. KG (Pfosten-Riegel-Fassade)
Ausführung (weitere Leistungen): Moser GmbH & Co. KG, Leonberg (Rohbau), YA Ausbau GmbH & Co. KG, Neu-Ulm (Trockenbau und Malerarbeiten), Eckert Glas- und Metallbau GmbH, Eschelbronn (Edelstahl Seilnetz)

Ähnliche Projekte

Grundschul-Neubau als Buchregal-Analogie

Die Stadt Ludwigsburg entwickelt das Gelände einer ehemaligen Gärtnerei zu einem Quartier, in dem einmal 1.200 Menschen leben sollen. Als erstes Gebäude entstand eine 5,5-zügige Grundschule für 616 Schüler in der Fuchshofstraße 53. Die gleichnamige dreigeschossige Fuchshofschule greift die Entwurfsidee eines gefüllten Bücherregals auf einer Wiese auf und setzt sie auf dem länglichen Grundstück in Form eines langgestreckten Holz-Hybridbaus mit umlaufend gleichmäßig auskragenden Decken um. Das Erdgeschoss ist weniger breit als die Obergeschosse und in zwei Gebäudehälften geteilt. Diese wurden so gegeneinander verschoben, dass an beiden Längsseiten des Gebäudes großzügige, überdachte Vorhöfe entstehen.

Luftiges Konzept für Eingangsbereich erschließt Erdgeschoss und Obergeschosse

Über den südlichen Vorhof führt der Schulweg zum Eingangsbereich in der Mitte des Gebäudes. Dieser ist als durchgesteckter Erschließungskern ausgebildet und nimmt neben der großzügigen Treppenanlage auch die Sanitärbereiche auf. Die durch ein zentrales Oberlicht aus verglasten Kassettenträgern belichtete Treppenhalle vermittelt zwischen dem Eingangsbereich auf der einen Seite und dem als Pausenhof gestalteten Freibereich auf der anderen Seite des Gebäudes und wird darüber hinaus als Pausen- und Gemeinschaftsfläche genutzt. Im Westen liegen die Verwaltungs- und Lehrerräume, im Osten die Bibliothek und die Mensa mit angeschlossener Vereinsküche. So kann der Raum auch als Begegnungsstätte für die Nachbarschaft und die ansässigen Vereine verwendet werden.

In den beiden Obergeschossen sind vier Lerncluster untergebracht. Neben 22 Unterrichts- und drei Mehrzweckräumen finden hier sechs Kleingruppen- bzw. Kursräume sowie acht Betreuungsräume, ein Therapiebereich und Nebenräume Platz. Die verschiedenen Räume reihen sich an den Flanken des Baukörpers zu beiden Seiten des Erschließungskerns aneinander. Zwei mittig in die Gebäudehälften eingeschnittene Lichthöfe versorgen die Flur- und Gemeinschaftsbereiche der Cluster mit Tageslicht. Fach-, Tagesbetreuungs- und Inklusionsräume flankieren die Erschließungshalle auf der West- und der Ostseite, die Sanitärbereiche sind südlich und nördlich des Treppenkerns angeordnet.

Entwurf setzte bereits auf maximale Nachhaltigkeit

Aus Gründen der Nachhaltigkeit favorisierte die Stadt Ludwigsburg bereits im Wettbewerb für das Schulgebäude den Baustoff Holz und Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Baustoffe wurden daher überwiegend nach dem Kreislaufprinzip ausgewählt und eingebaut, so dass sie am Ende der Lebensdauer des Gebäudes wieder demontiert und wiederverwendet bzw. recycelt werden können. Darüber hinaus achteten die Architekten bei der Planung darauf, dass die Materialien optisch miteinander harmonieren. So wurde die Möblierung der Cluster an die Optik der Pfosten-Riegel-Fassaden der Atrien angeglichen.

Holzskelettbau mit kreuzförmigen Stützen

Das Tragwerk des Holzskelettbaus kombiniert kreuzförmige Stützen mit Haupt- und Nebenträgern aus Brettschichtholz sowie Brettsperrholzplatten als Decken und Dach. Die an diese Elemente angeschlossenen, aussteifenden Erschließungskerne wurden ebenso wie das Untergeschoss in Stahlbeton realisiert. Die Hybridbauweise mit Holz für das Tragwerk und die Fassaden ermöglichte einen hohen Vorfertigungsgrad und eine gute Taktung des Bauablaufs. Während die Rohbaufirma auf der Baustelle noch Untergeschoss, Bodenplatte, Sanitärkerne und Fluchttreppenhäuser betonierte, fertigte die Holzbaufirma im Werk bereits die Außenwände und Decken vor. Auf der Baustelle erfolgte nur noch die Montage.

Nichttragende Außenwände ab Werk komplett

Die Außenwände wurden als nichttragende Holzrahmenbau-Elemente aus insgesamt 60 Elementen im Werk komplett vorelementiert. Dabei wurden auch die Fenster und der Sonnenschutz integriert sowie alle Anschlussdetails an andere Bauteile. Als tragende Basis dient ein 24 cm x 8 cm Holzständerwerk aus Konstruktionsvollholz C24 mit einer Ausfachung aus 24 cm flexibler Holzfaserdämmung (WLG 040). Raumseitig wurden die Rahmen mit einer Dampfbremse (sD-Wert ≥ 5 m) versehen und mit 18 mm Gipsfaserplatten beplankt. Außenseitig kombiniert die Konstruktion 14 cm Holzfaserdämmplatten (WLG 040) mit schwarzen Fassadenbahnen (sD-Wert ≤ 0,1 m) mit einer hinterlüfteten Unterkonstruktion aus 30 cm x 5 cm Latten (C24, lasiert RAL 9004). Die Bekleidung erfolgte in Form einer vertikalen offenen Schalung aus 26 mm x 69 mm Leisten (sägefein C24). Wasserbasierte Vorvergraungslasur nimmt die alterungsbedingten Veränderungen der Holzfassade vorweg und gleicht optische Unterschiede aus.

Längswände gleitend gelagert, Querwände für flexible Raumeinteilung

Die nichttragenden Innenwände zwischen den tragenden Stützen kombinieren ein Metallständerwerk aus 10 cm Profilen mit 8 cm Holzfaserdämmung und einer beidseitigen Beplankung aus je zwei Lagen 12,5 mm Gipskartonplatten. Alle Längswände sind gleitend gelagert, um Bewegungen der Holzkonstruktion auszugleichen. Die Querwände können unkompliziert versetzt werden, so dass sich die Lernräume einfach an veränderte Lernkonzepte anpassen lassen.

Decken aus Trägern und Platten

Die Decken kombinieren 36 cm x 48 cm Hauptträger aus Brettschichtholz (GL 24h, genutet und beidseitig verjüngt) mit 12 cm Brettsperrholzplatten als Decklagen. Querträger unterstützen die Konstruktion. Die Schallabsorption übernimmt eine abgehängte Decke, die 12 cm unter den Hauptträgern angeordnet ist. Dazu wurde ihre Trag- und Grundlattung aus 27 mm x 60 mm CD-Profilen mit einer schallabsorbierende Einlage aus 8 cm Hanf-Jute-Dämmstoff belegt und mit 2,5 cm mineralisch gebundenen Holzwolleakustikplatten als Untersicht beplankt.

Auskragende Decken als Balkone und Fluchtwege

An den Fassaden kragen die Decken aus und bilden so einen umlaufenden Fluchtbalkon mit raumhohen Edelstahlnetzen als Absturzsicherung. Über Glastüren können die Kinder von den Klassenzimmern auf den Balkon treten und so in den Pausen ihren Bewegungsdrang ausleben. So ergänzt der Rundweg um das Haus die als Pausenhof gestaltete Freifläche im Westen des Gebäudes. Darüber hinaus ist es dem Fluchtbalkon zu verdanken, dass das dreigeschossige Gebäude trotz der großen Raumhöhen insbesondere im Erdgeschoss noch in die Gebäudeklasse 3 fällt. Dazu wurde das Gelände rings um den Baukörper als ansteigender Hang ausgebildet und der höchste Punkt des Geländes unterhalb des auskragenden Fluchtbalkons als Nullpunkt des Gebäudes festgelegt.

Gründach mit aufgeständerten Photovoltaik-Modulen

Die 12 cm Brettsperrholzlage der Dachkonstruktion liegt analog zur Deckenkonstruktion auf 36 cm x 48 cm Brettschichtholz-Hauptträgern (GL 24h) auf. Für den weiteren Dachaufbau wurden 5 mm Trennlage, 5 mm Dampfbremse sD-Wert ≥ 1500 m und eine abgestufte Holzfaserdämmung (WLG 040) mit einer mittleren Dicke von 15 cm aufeinander aufgebaut. Ihren Einsatz verdankt die Holzfaserdämmung dem Wunsch, auch im Dachaufbau einen möglichst hohen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen zu integrieren. Nach der 5 mm Dampfbremslage (sD-Wert ≥ 100 m) folgt im Anschluss eine im Mittel 19 cm dicke Gefälledämmung aus Polystyrol-Hartschaum (WLG 035), eine Trennlage aus Glasvlies (120 g/m2). 2 mm Folienabdichtung FPO, 4 mm Schutz- und Speichervlies, ein 25 mm Drain- und Wasserspeicherelement, 1 mm Filtervlies und eine Schicht aus 10 cm Vegetationssubtrat schließen den Gründachaufbau ab. Auf der Fläche verteilte, aufgeständerte Photovoltaik(PV)-Module tragen zur Energieversorgung der Schule bei. Die Dachkonstruktion oberhalb der Atrien setzt sich aus tragenden Kassetten aus Brettschichtholz mit Verglasung zusammen.

Ausgetüfteltes Lüftungskonzept

Die Balkontüren und die Atrien versorgen das Klassenzimmer und Gemeinschaftsflächen großzügig mit Tageslicht und sorgen zudem für ausreichend Frischluftzufuhr. Darüber hinaus gibt es eine zentrale Zu- und Abluftanlage. Die Luft wird über ein Nachbargbäude unterirdisch angesaugt, in der Lüftungsanlage im Untergeschoss der Schule aufbereitet und im Gebäudekern über ein vertikales Rohrsystem in die einzelnen Geschosse geleitet. Dort wird sie über eine Ringleitung verteilt und fließt über Lüftungsauslässe in die Klassenzimmer ein. Die Abluft wird an der Fassade abgesaugt und oberhalb der abgehängten Deckenkonstruktion wieder in den Gebäudekern geleitet. Über die dort liegende Verrohrung wird die gesamte Abluft zentral abgesaugt und im Untergeschoss über einen Wärmetauscher aufbereitet und schließlich über das Dach abgeleitet.


Projektbeschreibung: Christine Ryll (in Kooperation mit Susanne Jacob-Freitag)